30 Portraits von Geflüchteten -
Ein Fotoprojekt
Das Qualifizierungsprogramm Lehrkräfte Plus wird an der Ruhr-Universität Bochum angeboten. Es soll Lehrkräften mit Fluchthintergrund, die in ihrem Heimatland die Fächer Chemie, Physik, Mathematik, Sport, Englisch oder Französisch unterrichtet haben, für die Arbeit an deutschen Schulen weiterqualifizieren. So bekommen sie die Möglichkeit, auf dem deutschen Arbeitsmarkt in ihrem ursprünglichen Beruf tätig zu werden und ihre fachlichen Kompetenzen sinnstiftend einzusetzen. Das Programm erstreckt sich über ein Jahr und findet für die Teilenehmerinnen und Teilnehmer in Vollzeit statt. Im Fokus stehen der Erwerb der deutschen Sprache, pädagogisch-interkulturelle Aspekte, Didaktik und Fachdidaktik, ein Schulpraktikum und die Reflexion der hier gemachten Erfahrungen (http://www.pse.rub.de/LKplus/).
Ich habe in dem Qualifizierungsprogramm aktiv mitgearbeitet und konnte so das Vertrauen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer gewinnen, 30 Personen erklärten sich bereit, an dem Fotoprojekt mitzumachen.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an diesem Fotoprojekt kamen vor längerer Zeit in Deutschland an, größtenteils unter schwierigen und dramatischen Umständen. Sie mussten flüchten, weil sie und oft auch ihre Familien nicht mehr sicher waren, d.h. ihr Leben konkret bedroht war und heute noch ist. Das Vertraute und Gewohnte verlassen zu müssen, diesen Bruch zu verarbeiten und zugleich eine neue Existenz aufzubauen, ist eine gewaltige Aufgabe, eine Grenzerfahrung im mehrfachen Sinne, da Grenzen überwunden, eigene Grenzen erfahren werden.
Der Weg vom ‚Ankommen‘ zum ‚Angekommen sein‘ ist ein innerer Prozess. Auch wenn die Außenbedingungen ‚stabil‘ sind, ist die Suche nach einem Ort, wo man sich innerlich zuhause fühlt, Vertrauen zu sich selbst und anderen hat, ein schwieriger Weg. Wenn es darum geht zu erspüren, was ‚Angekommen – Sein‘ eigentlich bedeutet, so impliziert dies einen Rückblick und den Versuch, das Erlebte in sein jetziges Leben zu integrieren. Es ist eine Momentaufnahme eines ‚Identitätsgefühls‘, manchmal auch verbunden mit einem Blick nach vorne, dem Entwickeln einer Zukunftsperspektive.
Die Frage nach einem Ort, an dem die Teilnehmerinnen und Teilnehmer fotografiert werden wollten, war also eigentlich eine Frage nach dem inneren Ort, einer Verortung des eigenen Lebens – der Versuch einer Antwort, wo sich das Selbst gerade befindet.
Warum also ein Fotoprojekt mit diesem Namen? Weil ein Dialog über das Erlebte ein Spiegel auf die eigene Lebensgeschichte ermöglicht und so jeder, also der Fotografierte und der Fotograf, aus dieser Begegnung etwas Wertvolles für sein Selbst- und Weltverständnis gewinnt.
Nach einjähriger Arbeit ist ein Buch entstanden, es hat folgende Teile:
- Einleitung (ca. 8 Seiten)
- Das Projekt LEHRKRÄFTE PLUS an der Ruhr-Universität Bochum
- Warum ein Fotoprojekt mit dem Titel: ´Angekommen´?
- Welchen Bezug habe ich zu diesem Projekt?
- Welche Eindrücke bleiben
- Portraits der TN mit Text und je zwei Fotos (60 Seiten)
- Gedicht von Lina Atfah: Die Karten
- Verworrene Wege - die Geschichte einer geflüchteten Familie (ca. 6 Seiten)
Das Buch wird in einer begrenzten Auflage gedruckt und ist im November 2020 erschienen.